Das Strafrecht unterteilt sich in zwei Gebiete:
Das materielle Strafrecht regelt die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen von Straftaten. Es ist vom Grundsatz "nulla poena sine lege" geprägt.
Das materielle Strafrecht ist vorwiegend durch das Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Strafrechtsvorschriften finden sich jedoch auch in einer Vielzahl weiterer Gesetze (Nebenstrafrecht) zum Beispiel in:
Das formelle Strafrecht ist das Strafprozessrecht (Strafverfahrensrecht). Rechtsgrundlage ist die Strafprozessordnung (StPO). Es befasst sich mit den Voraussetzungen und der Art der Durchsetzung staatlicher Strafen.
Für Jugendliche bis 21 Jahren gelten zum Teil besondere Vorschriften.
Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
Ein Haftgrund besteht gemäß §§ 112 und 112a der Strafprozessordnung (StPO), wenn aufgrund bestimmter Tatsachen:
Daneben stellt der dringende Tatverdacht für besonders schwere, in § 112 Absatz 3 und 112a StPO genannte Taten an sich bereits einen Haftgrund dar. Wegen Verdunklungsgefahr ist die Untersuchungshaft unzulässig, soweit die Tat nicht mit mehr als 6 Monaten Haft oder 180 Tagessätzen bedroht ist.
Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet (§ 114 StPO). Spätestens einen Tag nach der Verhaftung ist der Beschuldigte dem Haftrichter vorzuführen, der darüber zu entscheiden hat, ob der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt.
Der Untersuchungshäftling ist räumlich getrennt von den anderen Inhaftierten unterzubringen, es sei denn die gemeinsame Unterbringung ist auf Grund bestimmter Umstände notwendig.
Die Dauer der Untersuchungshaft ist grundsätzlich auf eine später erlassene Geld- oder Freiheitsstrafe anzurechnen (§ 51 Absatz 1 Strafgesetzbuch, § 52 Jugendgerichtsgesetz).
Der Vollzug des Haftbefehls kann ausgesetzt werden, wenn der Zweck der Untersuchungshaft auch durch weniger einschneidende Mittel erreicht werden kann (§§ 116, 116a StPO).
Der Beschuldigte,
hat grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch, wenn er durch die Untersuchungshaft oder eine Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat. Der Schadensersatzanspruch entfällt jedoch wenn der Untersuchungshäftling an seiner Inhaftierung selbst Schuld hat - beispielsweise weil er eine Tat gestanden aber, wie sich später herausstellt, nicht begangen hat.
Die Staatsanwaltschaft ist "Herrin des Ermittlungsverfahrens", das bedeutet ihr obliegt dessen Leitung. Die Staatsanwaltschaft beendet das Ermittlungsverfahren entweder durch die:
Die Staatsanwaltschaft hat während des Ermittlungsverfahrens umfangreiche Kompetenzen, wie beispielsweise:
Nach Abschluss der Ermittlungen erfolgt bei hinreichendem Tatverdacht die Anklageerhebung zum Amtsgericht (Strafrichter oder Schöffengericht) oder zum Landgericht (Große Strafkammer oder Schwurgericht).
Nach Abschluss der Ermittlungen kann die Staatsanwaltschaft
oder aber auch das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus Rechtsgründen, wie z.B. Verjährung, einstellen.
Einstellung bedeutet, dass die Tat strafrechtlich nicht weiter verfolgt wird.
Von der Einstellung wird der Beschuldigte nur dann in Kenntnis gesetzt, wenn er als solcher vernommen worden ist, gegen ihn Haftbefehl ergangen ist oder wenn er um Bescheid gebeten hat oder ein berechtigtes Interesse daran hat.
Eine Begründung braucht der Bescheid nicht zu enthalten.
Dagegen werden dem Anzeigenden außer der Einstellung auch die Gründe hierfür mitgeteilt. Ist der Anzeigende auch der durch die Straftat Verletzte, so ist er über sein Recht zur Beschwerde gegen die Einstellung zu belehren.
Der Strafbefehl ist ein vereinfachtes Verfahren zur Beendigung eines Strafverfahrens mit einer Sanktion ohne Hauptverhandlung.
Das Strafbefehlsverfahren ist damit ein Verfahren zur einfacheren Aburteilung von Kleinkriminalität, für die das Amtsgericht zuständig ist.
Nach Abschluss der Ermittlungen im Vorverfahren kann die Staatsanwaltschaft unter folgenden Voraussetzungen einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls stellen:
Durch einen Strafbefehl können nur bestimmte Strafen verhängt werden, u.a.:
Der Angeklagte kann gegen einen Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch kann auch auf bestimmte Punkte beschränkt werden.
Mit Ablauf der Einspruchsfrist erlangt der Strafbefehl die Stellung eines rechtskräftigen Urteils.
Durch den Einspruch geht das Verfahren dann mit der Terminierung der Hauptverhandlung in das normale Strafverfahren über.
Sinn und Zweck des Strafprozesses ist es, Schuld oder Unschuld des Angeklagten festzustellen und gegebenenfalls den Verurteilten eine der Schwere der Tat entsprechende Strafe zuzuführen.
Das Strafverfahren besteht aus Erkenntnisverfahren (Strafprozess) und Vollstreckungsverfahren.
Das Erkenntnisverfahren wiederum gliedert sich drei Abschnitte, das Ermittlungsverfahren (Vorverfahren), das Zwischenverfahren (Eröffnungsverfahren) und das Hauptverfahren.
Herrin des Ermittlungsverfahrens ist die Staatsanwaltschaft. Erhebt diese nach hinreichendem Tatverdacht Anklage folgt in der Regel das gerichtliche Strafverfahren im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Unter gewissen Voraussetzungen kann jedoch auch eine Bestrafung ohne Hauptverhandlung erfolgen (Strafbefehlsverfahren).
Dabei findet der Strafprozess im Rahmen einer Hauptverhandlung erstinstanzlich vor dem Amtsgericht (Strafrichter oder Schöffengericht) oder vor dem Landgericht (Große Strafkammer oder Schwurgericht) statt. Dies hängt von der Schwere der angeklagten Tat oder dem Tatvorwurf ab. In seltenen Ausnahmefällen ist das Oberlandesgericht als erstinstanzliches Gericht zuständig.
Das Amtsgericht – Strafrichter – entscheidet bei kleinerer Kriminalität, wenn im Falle der Verurteilung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren gerechnet werden kann. Besetzt ist das Gericht mit einem Berufsrichter.
Das Amtsgericht – Schöffengericht – ist zuständig für die Fälle der mittleren Kriminalität und hat eine Strafgewalt von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 4 Jahren. Sofern ein Verbrechen (§ 12 StGB) angeklagt ist, muss seitens der Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht als Schöffengericht angeklagt werden. Ein Verbrechen liegt dann vor, wenn die Mindeststrafandrohung in der jeweiligen Strafvorschrift ein Jahr Freiheitsstrafe vorsieht. Besetzt ist das Schöffengericht in der Regel mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern(Schöffen).
Das Landgericht – Große Strafkammer – wird für die Fälle schwerer Kriminalität angerufen und hat eine Strafgewalt von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren. Die Prognose, ob eine Strafe über der Strafgewalt des Amtsgerichts – Schöffengericht – in Betracht kommt, trifft die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift. Oftmals wird die Große Strafkammer angerufen, um besonders umfangreiche Strafverfahren abzuarbeiten. Besetzt ist die Große Strafkammer in der Regel mit zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern (Schöffen).
Das Landgericht als Schwurgericht entscheidet bei (vorsätzlichen) Tötungsdelikten und hat die Möglichkeit, auch eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen. Besetzt ist das Landgericht als Schwurgericht immer mit drei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern (Schöffen).
Der Strafprozess greift in die Rechte der Person, gegen die sich das Strafverfahren richtet, ein. Durch die gesetzlichen Regelungen (StPO und GVG) sollen die Rechte der betroffenen Person geschützt und die Eingriffsbefugnisse des Staates begrenzt werden.
Jede Person hat ein Recht auf ein faires Verfahren. Der Grundrechtsschutz verbietet eine Strafe "um jeden Preis".
Wird das Hauptverfahren durch Verurteilung des Angeklagten beendet, ist dieses Urteil Grundlage der anschließenden Strafvollstreckung.
Für Jugendliche bis 21 Jahren gelten zum Teil besondere strafprozessuale Vorschriften, die das Jugendgerichtsgesetz (JGG) enthält.
Ist in erster Instanz ein Urteil ergangen, stehen dem Angeklagten und auch der Staatsanwaltschaft Möglichkeiten zur Verfügung, das Urteil anzufechten.
Nach dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts (Strafrichter oder Schöffengericht) steht das Rechtsmittel der Berufung zum Landgericht zur Verfügung. Das Rechtsmittel ist beim Amtsgericht einzulegen, das die anzugreifende Entscheidung gefällt hat. Das Rechtsmittel der Berufung stellt eine weitere „Tatsacheninstanz“ dar. Dies bedeutet, dass erneut eine Beweisaufnahme mit der Vernehmung von Zeugen und der Einführung von Urkunden bzw. sonstigen Beweismitteln im Prozess stattfindet. Das Berufungsgericht fällt nach Abschluss des Verfahrens ein eigenes Urteil.
Gegen Urteile des Landgerichts (Große Strafkammer und Schwurgericht) in erster Instanz sowie gegen das Urteil des Landgerichts als Berufungsgericht steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof (gegen Urteile des Landgerichts in erster Instanz) oder zum Oberlandesgericht (gegen Urteile des Landgerichts in zweiter Instanz – Berufungsurteile) zur Verfügung. Dabei ist zu beachten, dass die Revision zwar noch durch den Angeklagten selbst eingelegt werden kann, für die fristgebundene Begründung jedoch ein Rechtsanwalt aufgesucht werden muss. Dieser hat einen Monat nach Zustellung des Urteils eine schriftliche Revisionsbegründung zu erstellen. Für die Revision ist grundsätzlich eine mündliche Hauptverhandlung vorgesehen, wobei oftmals durch Beschluss entschieden wird.
Im Revisionsverfahren findet keine Beweisaufnahme mehr statt. Vielmehr dient dieses Rechtsmittel der Überprüfung des Urteils auf Rechts- und Verfahrensfehler. Im Falle der erfolgreichen Revision wird das Urteil aufgehoben und an das erstinstanzliche Gericht zurück verwiesen, das erneut eine Hauptverhandlung durchzuführen hat. In welchem Ausmaß eine erneute Verhandlung stattfindet, legt das Revisionsgericht fest. In Ausnahmefällen erlässt das Revisionsgericht selbst ein Urteil.
Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels der Berufung und der Revision beträgt eine Woche nach Urteilsverkündung. Für die Begründung des Rechtsmittels fängt die Frist erst mit Zustellung des schriftlichen Urteils an zu laufen.
In Jugendstrafverfahren sind weitere Besonderheiten für Rechtsmittel zu beachten.
Kommt das Gericht zur Überzeugung von der Schuld des Angeklagten, kann es eine Geldstrafe verhängen.
Die Geldstrafe wird nach Tagessätzen bemessen. Je nach Schwere der Schuld verhängt das Gericht eine Geldstrafe zwischen 5 und 360 Tagessätzen.
Die Höhe des einzelnen Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten. Maßstab ist grundsätzlich das monatliche Nettoeinkommen.
Verhängt das Gericht beispielsweise eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100,00 € (insgesamt also 4.000,00 €), kommt das Gericht auf folgendem Weg zu dieser Sanktion: In den 40 Tagessätzen spiegelt sich die Schuld des Angeklagten wieder. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes wird errechnet, indem das monatliche Nettogehalt durch 30 dividiert wird. Damit geht das Gericht hier von einem Nettomonatsgehalt von 3.000,00 € aus.
Weiterhin ist bei der Verhängung einer Geldstrafe zu beachten, dass ein Tagessatz einen Tag Haft (sog. Ersatzfreiheitsstrafe) bedeutet, sofern die Geldstrafe nicht bezahlt wird (in obigem Beispiel also: 40 Tage Haft). Stellen sich Zahlungsschwierigkeiten in Bezug auf die Geldstrafe ein, sollte mit dem zuständigen Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft in Kontakt getreten werden und ggf. Ratenzahlung vereinbart werden. In Ausnahmefällen kann die Geldstrafe in eine Arbeitsauflage umgewandelt werden.
Erfolgt keine Rückmeldung bei der Staatsanwaltschaft, muss die Geldstrafe als sog. Ersatzfreiheitsstrafe in der örtlichen zuständigen Justizvollzugsanstalt verbüßt werden.
Die Freiheitsstrafe ist eine durch Strafgesetz angedrohte Rechtsfolge für eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung.
Das Gesetz kennt folgende Arten der Freiheitsstrafe:
"Lebenslang" bedeutet nicht zwingend bis zum Lebensende, vielmehr kann ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilter nach 15 Jahren erstmals beantragen, auf Bewährung freigelassen zu werden.
Die Voraussetzungen für eine Freilassung auf Bewährung bei lebenslanger Freiheitsstrafe sind:
Der Gefangene hat dann einen Rechtsanspruch auf Entlassung und Aussetzung seiner Reststrafe zur Bewährung.
Auch sonst kann eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
Der Verurteilte muss die Freiheitsstrafe nicht antreten, wenn er im Bewährungszeitraum nicht wieder straffällig wird. Es muss zu erwarten sein, dass der Verurteilte allein durch die Verurteilung zur Warnung künftig auch ohne Einwirkungen des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
Die Bewährungszeit beträgt 2 bis 5 Jahre und ist grundsätzlich nur bei Strafen bis zu zwei Jahren zulässig.
Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen machen (z.B. Bußgeld an karitative Einrichtungen) und auch die Vollstreckung des Restes einer bereits angetretenen Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzen, was in der Praxis gerade bei langjährigen Freiheitsstrafen häufig vorkommt.
In welcher Justizvollzugsanstalt oder in welchem Krankenhaus der Verurteilte die Strafe zu verbüßen hat, regelt der Vollstreckungsplan des jeweiligen Bundeslandes, beispielsweise für den Freistaat Bayern.
Die Sicherungsverwahrung ist eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung, die zum Schutz der Allgemeinheit unbefristet angeordnet werden kann.
Die Sicherungsverwahrung wird vom Richter bei so genannten Hangtätern neben der Strafe angeordnet. Neuerdings ist auch eine nachträgliche Anordnung nach Erlass des Strafurteils - während der Haft - möglich.
Täter sollen dadurch auch nach Haftverbüßung erst in Freiheit gelangen, wenn keine Gefahr erheblicher Straftaten mehr besteht.
An die Sicherungsverwahrung sind strenge Voraussetzungen geknüpft:
Über psychologischen Zustand und Behandlungsaussichten des Täters wird ein Sachverständiger vernommen.
Die Sicherungsverwahrung erfolgt grundsätzlich unbefristet, gegebenenfalls im Anschluss an eine zu verbüßende Freiheitsstrafe.
Ist eine Freiheitsstrafe zu verbüßen und Sicherungsverwahrung angeordnet, prüft das Gericht vor Ende des Strafvollzugs, ob die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt werden kann. In diesem erfolgt eine Führungsaufsicht (§ 67c Absatz 1 StGB).
Das Gericht muss mindestens alle zwei Jahre prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung noch vorliegen (§ 67e Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 StGB). Nach 10 Jahren erklärt das Gericht die Sicherungsverwahrung in der Regel für erledigt, soweit nicht eine weitere Gefährdung der Allgemeinheit nachgewiesen werden kann (§ 67d Absatz 3 StGB)
Die Sicherungsverwahrung kann neben der Strafe nur bei Erwachsenen angeordnet werden, nicht bei Jugendlichen und Heranwachsenden. Für Heranwachsende kann sich das Gericht - wie bei Erwachsenen, jedoch unter verschärften Voraussetzungen - eine Entscheidung für den Ende des Strafvollzugs im Urteil vorbehalten oder eine Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen (§ 106 Absatze 3, 5 und 6 Jugendgerichtsgesetz, JGG)
Maßregeln der Besserung und Sicherung sind neben der Strafe zugelassene Maßnahmen, die der Besserung des Täters und der Sicherung der Allgemeinheit dienen.
Die Maßregeln sind keine Strafen und setzen daher kein schuldhaftes Verhalten des Täters voraus.
Sie können neben einer Strafe oder auch einzeln verhängt werden.
Bei der Verhängung muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Maßregel in Bezug auf die Gefährlichkeit des Täters und die Bedeutung der Straftaten beachtet werden.
Folgende Maßregeln sind zugelassen:
Das Betäubungsmittelstrafrecht stellt einen wesentlichen Punkt der Strafverteidigung dar und stellt den Umgang mit Drogen oder Drogenersatzerstoffen unter Strafe. Wesentliches Schutzgut des Betäubungsmittelgesetzes ist die Volksgesundheit.
Eine Liste der verbotenen Substanzen ergibt sich gemäß § 1 Abs. 1 BtMG aus der Anlage I bis III zum BtMG. Einen Überblick über den Gesetzestext des BtMG und die Anlagen I bis III zum BtMG können Sie sich unter diesem Link verschaffen.
Die Straftaten sind im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ab den §§ 29 ff. BtMG geregelt:
Ausgehend vom Grundtatbestand des § 29 BtMG werden in den §§ 29 a, 30, 30 a BtMG Strafen von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bis zu 15 Jahren angedroht. Abhängig ist dies von der Begehungsweise (z.B. Abgabe an Personen unter 18 Jahren - § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG oder Handeltreiben in nicht geringer Menge - § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bzw. Bandenmäßiges Handeltreiben unter Verwendung einer Schusswaffe § 30 a BtMG).
Aufgrund der Gefährlichkeit des Umgangs mit Betäubungsmitteln und deren hohes Suchtrisiko sind die §§ 29 a, 30 und 30 a BtMG bereits als Verbrechenstatbestände ausgestaltet und drohen lediglich Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr als Ahndung an.
Das Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG folgt der Strafprozessordnung, wobei insbesondere im Betäubungsmittelstrafrecht Besonderheiten zu beachten sind:
Dieser kurze und nicht abschließende Abriss über die Maßnahmen der Verfolgungsbehörden im Betäubungsmittelstrafrecht zeigen deutlich, dass sich der Beschuldigte bzw. Angeklagte dringend an einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden sollte.
Das Betäubungsmittelstrafrecht will auch das „Denunziantentum“ fördern, in dem es in § 31 BtMG demjenigen Strafmilderung in Aussicht stellt, der freiwillig sein Wissen über den eigenen Tatbeitrag hinaus offenbart und den Verfolgungsbehörden so rechtzeitig mitteilt, dass die Verfolgungsbehörden weitere Straftaten aufdecken oder verhindern können.
Von dieser Möglichkeit Strafmilderung zu erhalten sollte nur nach Rücksprache mit einem auf Strafverteidigung spezialisierten Rechtsanwalt Gebrauch gemacht werden, da die Vorschrift des § 31 BtMG erhebliche Risiken in sich birgt: So muss sich derjenige, der sein Wissen preisgibt darüber im Klaren sein, dass ggf. weitere Straftaten von ihm von den genannten Personen offenbart werden, die ebenfalls die Strafmilderung des § 31 BtMG in Anspruch nehmen wollen. Zudem wird derjenige, der Wissen offenbart zu einem Zeugen, der seine Aussage auch vor Gericht in dem Strafverfahren gegen „die Anderen“ vertreten muss. Weiterhin ist die Gefahr der Falschbelastung sehr hoch, da ggf. die wirklichen Hintermänner nicht genannt werden wollen oder einfach nur Strafmilderung erwartet wird.
Gerade in Strafverfahren, in denen sich der Anklagevorwurf ausschließlich auf die Aussage eines anderen Betäubungsmittelstraftäters stützt, ist besondere Vorsicht geboten und die belastende Aussage besonders zu hinterfragen.
Weiterhin besteht im Falle der Verurteilung die Möglichkeit die Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zurückzustellen. Dies wird nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde geprüft. Als Voraussetzung ist diesbezüglich unverzichtbar, dass es sich um eine Verurteilung aufgrund Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurde. Dies muss von Einzelfall zu Einzelfall überprüft werden, liegt jedoch bei Verstößen gegen das BtMG oder bei klassischer Beschaffungskriminalität auf der Hand.
In Untersuchungshaft wie auch in Strafhaft erschwert der sog. Sicherungsvermerk den Kontakt zur Außenwelt, in dem Besuche durch den Gefangenen nur hinter der Glasscheibe empfangen werden können. Dies stellt eine besondere Belastung für den Gefangenen und auch dessen Angehörige in der Zeit der Inhaftierung dar. Hierzu sind ggf. Maßnahmen zu erwägen, um den Sicherungsvermerk in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt zu beseitigen.
Das Ermittlungsverfahren ist parallel zum Ermittlungsverfahren gegen Erwachsene ausgestaltet, wobei die Ermittlungen ein sog. Jugendstaatsanwalt führt, der erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein soll, §§ 36, 37 JGG. Dem Jugendstaatsanwalt stehen bereits im Ermittlungsverfahren zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, das Strafverfahren ohne eine Verurteilung abzuschließen. Bereits in diesem Verfahrensstadium kann durch die Staatsanwaltschaft im Falle kleinerer Kriminalität von den sog. Diversionsmöglichkeiten der § 45 JGG Gebrauch gemacht werden, wenn der Tatnachweis voraussichtlich zu führen ist.
Allerdings ist bei den Befugnissen der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zu beachten, dass bestimmte Eingriffe wie z.B. die freiwillige Speichelprobe zur DNA-Identifizierung nicht ohne Weiteres möglich sind.
Ist der Jugendstaatsanwalt davon überzeugt, dass ein Gerichtsverfahren aus (meist) erzieherischen Gründen durchzuführen ist, erhebt er Anklage zum Amtsgericht (Jugendrichter oder Jugendschöffengericht) oder zum Landgericht (Große Jugendkammer). Die Verfahrensbeendigung mittels Strafbefehl steht im Jugendstrafverfahren nicht zur Verfügung.
Das Gericht wird zur Beurteilung der Verantwortungsreife (§ 3 JGG) und der Beleuchtung der Tat sowie des Jugendlichen selbst die Jugendgerichtshilfe vor der Hauptverhandlung einschalten. Die Jugendgerichtshilfe ist zwar ebenfalls Ermittlungsorgan der Justiz, jedoch nach überwiegendem Selbstverständnis eine Einrichtung, die dem jungen Menschen im Strafverfahren helfen soll. In einem Gespräch mit einem sozialpädagogisch ausgebildeten Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe sollen alle Umstände der Tat und die Persönlichkeit des jungen Menschen ermittelt und in die Beurteilung der Tat miteinbezogen werden. Im Rahmen der Hauptverhandlung vor Gericht wird dann ein entsprechender Bericht verlesen, in dem die Jugendgerichtshilfe dem Gericht einen Ahndungsvorschlag unterbreitet.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme wird das Gericht in einem Urteil eine Sanktion aussprechen. Dabei ist das Gericht nicht an die Strafen im jeweiligen Strafgesetz gebunden, sondern hat Ahndungsmöglichkeiten, die eine jugendadäquate Reaktion auf das begangene Unrecht darstellen sollen. Zur Verfügung stehen:
Diese im oben genannten Stufenverhältnis geringste Einschränkung des jungen Menschen im Rahmen des Sanktionskatalogs kann sich durchaus als tiefgreifender darstellen, als die vermeintlich „schlimmeren“ Zuchtmittel.
Es stehen dem Gericht Weisungen und Erziehungshilfen zur Verfügung. Die Weisungen stellen gerichtlich ausgesprochene Gebote oder Verbote dar, die in die Lebensführung des jungen Menschen eingreifen und damit erzieherisch wirken sollen. Im Einzelnen werden Weisungen wie Aufenthaltsbestimmung, Vorgabe in einem Heim oder in einer Familie zu leben, Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit, Arbeitsleistungen, Aufsicht eines Betreuungshelfers, Durchführung eines sozialen Trainingskurses, Bemühungen zum Täter-Opfer-Ausgleich, Kontaktverbote zu bestimmten Personen oder am Verkehrsunterricht teilzunehmen ausgesprochen.
Weiterhin kann dem Jugendlichen nach Rücksprache mit dem Jugendamt gerichtlich auferlegt werden, Hilfe zur Erziehung in Anspruch zu nehmen, wenn aus Anlass der Straftat festgestellt wird, dass eine dem Wohl des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung notwendig und geeignet ist. Die näheren Voraussetzungen regeln dabei die §§ 27 ff. SGB VIII. Im Rahmen dieser Erziehungshilfe können auch Heimaufenthalte angeordnet werden.
Als Zuchtmittel stehen die Verwarnung, die Erteilung von Auflagen oder der Jugendarrest zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden ausgesprochen, wenn dem jungen Menschen eindringlich zu Bewusstsein gebracht werden muss, dass er für das begangene Unrecht einzustehen hat. Die Zuchtmittel kommen zur Anwendung, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen, eine Jugendstrafe aber noch nicht geboten ist.
Die Verwarnung durch ein Urteil stellt den absoluten Ausnahmefall dar, wenn sich erst in der Hauptverhandlung ergibt, dass eine förmliche Zurechtweisung des Jugendlichen erforderlich ist. In der Praxis werden Straftaten der kleineren Kriminalität bereits im Ermittlungsverfahren durch die Ermahnung geahndet, sofern diese Art der Sanktion aus Sicht des Jugendstaatsanwalts angemessen erscheint.
Die Erteilung von Auflagen ist durch § 15 JGG beschränkt auf Schadenswiedergutmachung, die persönliche Entschuldigung beim Verletzten, Erbringung von Arbeitsleistungen und die Zahlung eines Geldbetrages zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung. In Abgrenzung zu den oben genannten Weisungen haben Auflagen bereits einen „ahnenden Charakter“, die im Gegensatz zu den Weisungen im Falle der schuldhaften Nichterfüllung mit dem sog. Ungehorsamsarrest erzwungen werden können.
Der Jugendarrest bedeutet bereits eine Einschränkung der persönlichen Freiheit des Jugendlichen, da er diesen in einer Jugendarrestanstalt zu verbüßen hat. Eine Anordnung des Arrestes erfolgt, wenn schädliche Neigungen (siehe Jugendstrafe) nicht sicher festgestellt werden können oder die Verhängung des Mindestmaßes der Jugendstrafe von sechs Monaten unverhältnismäßig erscheint. Der Jugendarrest ist untergliedert in Freizeit-, Kurz- und Dauerarrest. Der Freizeitarrest wird in der Regel für ein oder zwei Wochenenden angeordnet, die in der Jugendarrestanstalt zu verbringen sind. Der Kurzarrest soll einen zusammenhängenden Vollzug der Sanktion sichern, wobei dieser in der Regel für zwei bis vier Tage ausgesprochen wird. Der Dauerarrest wird für die Dauer von einer bis vier Wochen angeordnet und bedeutet für den Jugendlichen, dass er in dieser Zeit der Ausbildung, Arbeit oder seinen schulischen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Grundsätzlich wird beim Vollzug des Dauerarrestes nicht auf die anderweitigen Belange des Jugendlichen Rücksicht genommen, da dieser aus erzieherischen Gründen schnellst möglich vollstreckt werden soll.
Die Jugendstrafe wird dogmatisch dann verhängt, wenn keine milderen Mittel der erzieherischen Einwirkung auf den Jugendlichen mehr zur Verfügung stehen. Die Jugendstrafe wird für mindestens 6 Monate und höchstens 10 Jahre ausgesprochen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Verhängung von Jugendstrafe wegen der in der Tat hervorgetretenen schädlichen Neigungen oder der Schwere der Schuld erforderlich ist. Schädliche Neigungen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert als anlagen- oder erziehungsbedingte Mängel der Charakterbildung, die den Jugendlichen in seiner Entwicklung zu einem brauchbaren Glied der sozialen Gemeinschaft gefährdet erscheinen und namentlich weitere Straftaten befürchten lassen. Sie müssen schon vor der Tat angelegt sein und in der Tat sichtbar werden. Diese schädlichen Neigungen müssen jedoch nicht nur bei Tatbegehung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung feststellbar sein.
Die Schwere der Schuld wird danach beurteilt, in welchem Entwicklungsstand sich der Jugendliche befindet sowie nach dem Persönlichkeitsbild des Jugendlichen. Das äußere Erscheinungsbild der Tat darf nur insoweit Berücksichtigung finden, als es Rückschlüsse auf die persönliche Schuld des Jugendlichen zulässt.
Selbstverständlich besteht bei der Verhängung von Jugendstrafe ebenfalls die Möglichkeit der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung.
Der Vollzug der Jugendstrafe findet in einer besonderen, örtlich und sachlich zuständigen Jugendstrafanstalt statt.
Die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel der Berufung oder Revision sind im Jugendstrafverfahren eingeschränkt. Der Instanzenzug wie im Erwachsenenstrafrecht ist im Jugendstrafrecht nicht vorgesehen.
Grundsätzlich steht dem Jugendlichen entweder das Rechtsmittel der Berufung oder der Revision zur Verfügung. Zu beachten ist, dass gegen einzelne ausgesprochene Maßnahmen (Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel) nicht gesondert vorgegangen werden kann, sondern nur gegen das Urteil insgesamt. Ist beispielsweise das Rechtsmittel der Berufung durch den Jugendlichen durchgeführt worden, steht ein weiteres Rechtsmittel – anders als im Erwachsenenstrafrecht – nicht mehr zur Verfügung.
Eine Ausnahme ist dann vorgesehen, wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt hat. Dann besteht für den Jugendlichen die Möglichkeit, gegen das ergangene Berufungsurteil das Rechtsmittel der Revision durchzuführen.
Weiterhin kann der Jugendliche im Falle der Verhängung einer Jugendstrafe ohne die Strafaussetzung zur Bewährung neben der Berufung auch die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Strafaussetzung zur Bewährung einlegen. Über die Beschwerde wird dann im schriftlichen Verfahren ohne Hauptverhandlung entschieden, so dass es sinnvoll sein kann, lediglich das Rechtsmittel der Berufung zu führen.